Presseartikel Paragraf 218

Frauen helfen Frauen in Euskirchen fordert
Abschaffung von Paragraf 218

„Eine Schwangerschaft zu beenden, ist für Frauen eine verantwortungsvolle Entscheidung, und den allermeisten fällt diese schwer“, weiß Heike Gerhardt von der Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte und Familienplanung des Vereins Frauen helfen Frauen. Gerhardt ist seit 25 Jahren im Team, also seit der Gründung der Beratungsstelle nah dran an den Geschichten der Frauen, die dort Rat und Hilfe suchen.

„In dieser Zeit hat sich nichts verändert“, sagt sie und meint damit nicht nur den Fortbestand des Paragrafen 218 im Strafgesetzbuch, sondern auch die Tatsache, dass in keiner gynäkologischen Praxis und in keinem Krankenhaus im Kreis Euskirchen Abbrüche durchgeführt werden.

In der Beratungsstelle in Euskirchen hat sich die Zahl der gesetzlich vorgeschriebenen Schwangerschaftskonfliktberatungen kaum verändert in den Jahren seit 1999. Insgesamt wurden seit Bestehen der Beratungsstelle 3880 Konfliktberatungen und 9062 allgemeine Schwangerschaftsberatungen durchgeführt.

Praxen im Kreis Euskirchen führen Abbrüche nicht durch

In den zurückliegenden Monaten haben die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle angefangen, nach und nach alle 22 gynäkologischen Praxen im Kreis Euskirchen zu besuchen, um die Vernetzung zu pflegen, aber auch das Thema Schwangerschaftsabbruch in den Fokus zu rücken.

Das Team der Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte und Familienplanung machte seine Forderungen in Bezug auf die Abschaffung des Paragrafen 218 deutlich.
Copyright: Heike Nickel

„Viele sehen die Notwendigkeit des Angebots von Schwangerschaftsabbrüchen, wollen es aber selber nicht machen“, erzählt Beate Jantzer. Teils aus Angst vor Stigmatisierung, teils aus Kapazitätsmangel. Trotz allem hätten sich die Ärztinnen gegenüber der Arbeit der Beratungsstelle „wohlgesonnen“ gezeigt und ordneten diese als „wichtige Anlaufstelle für Schwangere“ ein, erzählt Sozialarbeiterin Jana Roes.

Den internationalen Aktionstag für sichere Schwangerschaftsabbrüche, der am 28. September stattfindet, will die Beratungsstelle von Frauen helfen Frauen nutzen, um Forderungen an Politik und Gesellschaft zu formulieren: den Zugang zu Aufklärung, zu kostenfreien Verhütungsmitteln und zu Schwangerschaftsabbrüchen ohne strafrechtliche Konsequenzen.

Euskirchener Verein fordert die Abschaffung des Paragraf 218

In den zurückliegenden Monaten wurde im Team der Beratungsstelle auch viel über den Abschlussbericht der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin diskutiert, beauftragt vom Bundesminister für Gesundheit, Karl Lauterbach. „Wir fordern die Abschaffung des Paragrafen 218 und eine Neuregelung von Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb des Strafgesetzbuches. Wir stehen auch für eine Möglichkeit ein, Abbrüche nach der 14. Woche legal durchzuführen“, heißt es in der Stellungnahme der Beratungsstelle. Zudem sollten die Kosten für Schwangerschaftsabbrüche von den gesetzlichen Kassen übernommen werden.

Die Pflicht zur Beratung sollte nach Ansicht des Teams durch ein Recht auf Beratung ersetzt werden. Ärzte und Ärztinnen sollten eine Informationspflicht haben, „so dass in jedem Fall über bestehende Beratungs- und Unterstützungsangebote vor Ort informiert wird“. Präventivmaßnahmen, wie etwa sexuelle Bildungsangebote in Schulen, sollten weiterhin im Portfolio der Beratungsstellen bleiben. Sie seien ein wichtiger Beitrag zur „reproduktiven Selbstbestimmung“.

Erweitert wird der Forderungskatalog der Beratungsstelle durch den Ruf nach der „Kostenübernahme von Verhütungsmitteln, auch nach dem 22. Lebensjahr“.

Safe Abortion Day

Der internationale Safe Abortion Day am 28. September rückt in den Fokus, dass in vielen Ländern Frauen der sichere und legale Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen immer noch verwehrt bleibt. Trotzdem finden überall Abbrüche statt, dann aber unter nicht medizinischen Bedingungen und einem hohen Risiko für die Mütter.

In Deutschland ist ein Schwangerschaftsabbruch nach Paragraf 218 Strafgesetzbuch für alle Beteiligten strafbar. Es gelten aber Ausnahmen: Ungewollt Schwangere müssen eine Beratungsbescheinigung einer staatlich anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle vorweisen. Der Abbruch muss innerhalb von zwölf Wochen nach Empfängnis vorgenommen werden. Straffrei bleibt der Schwangerschaftsabbruch auch, wenn eine kriminologische oder eine medizinische Indikation vorliegt.

Tatsächlich ist der Schwangerschaftsabbruch einer der häufigsten gynäkologischen Eingriffe in Deutschland, die von Ärztinnen und Ärzten durchgeführt werden.

Quelle: Köllner Stadt-Anzeiger